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Ist der wachsende Einfluss Chinas eine Bedrohung für die EU?
german.china.org.cn 30. 05. 2008
2008-05-30 00:00


Die Behauptung, dass die sich entwickelnde chinesische Wirtschaft eine Bedrohung für die EU darstelle, sei weitgehend unbegründet, erklärte Jean-Christophe Defraigne, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Louvain. Defraigne, Spezialist für Europawissenschaften, machte seine Anmerkung im Rahmen eines Treffens mit einer Gruppe chinesischer Journalisten in Brüssel. Die chinesischen Journalisten befanden sich auf einer Medienreise in Europa.

Defraigne erklärte weiter, dass die Besorgnis über den Aufstieg der chinesischen Wirtschaft in Europa zunehme, ausgelöst durch die Abwanderung von Industrien, in denen Europa keine Wettbewerbsvorteile besitzt oder durch die Übernahme großer westlicher Unternehmen durch chinesische Firmen.

Defraigne ist der Ansicht, dass diese Sorgen unbegründet sind. Er betonte, dass nur 40 Prozent der chinesischen Exportwaren auch von chinesischen Unternehmen hergestellt werden, während 60 Prozent von Joint Ventures oder multinationalen Unternehmen von außerhalb des chinesischen Festlandes produziert werden.

"China ist zu einem der Hauptproduzenten der Welt geworden, aber andere Entwicklungsländer wie die Länder der ASEAN, Brasilien, die Türkei und Indien fordern die traditionellen europäischen Industrien im Bereich der Niedrigtechnologie ebenfalls heraus", sagte Defraigne. "Hierbei handelt es sich um eine neu entstandene internationale Arbeitsteilung."

Einige Personen haben die chinesische Regierung für ihre Unterstützung und Hilfe von chinesischen Unternehmen, die ins Ausland expandieren wollen, kritisiert. Als Antwort auf diese Kritik erklärte Defraigne, dass derartige staatliche Unterstützung üblich sei und zitierte vergleichbare wirtschaftspolitische Maßnahmen einiger OECD Länder, wie Südkorea, Italien und Frankreich.

Außerdem wies er auf einige Probleme beim Wachstum chinesischer Unternehmen hin. "In vielen Sektoren stehen sie in Hinsicht auf Profitabilität und Rentabilität vergleichsweise schlecht da. Im Vergleich zu ihren Aktivitäten im Inland, sind sie im Ausland nur sehr begrenzt aktiv. Es gibt Schwierigkeiten aufgrund fehlender internationaler Managementkenntnisse. Außerdem mangelt es bei der Konzentration auf das Kerngeschäft."

Darüber hinaus erwähnte Defraigne die technologische Kluft zwischen China und der EU. Auch sei die Anzahl der für chinesische Unternehmen zur Verfügung stehenden hochqualifizierten Arbeitskräfte begrenzt und die chinesischen Anstrengungen im Bereich Forschung und Entwicklung stünden hinter denen in Europa in absoluten und in relativen Zahlen zurück (1,3 Prozent vs. 1,9 Prozent des BIP). Darüber hinaus lägen sie auch weit hinter denen in Japan, Südkorea und Singapur (alle über 3 Prozent).

"Selbst fortschrittliche Unternehmen wie Lenovo oder TCL haben nicht die nötige Profitabilität, um anspruchsvolle Forschungs- und Entwicklungsprogramme zu betreiben, vergleichbar denen, die ihre südkoreanischen und japanischen Konkurrenten bereits von Jahrzehnten verfolgten", sagte Defraigne weiter.

Ein Grund für die wachsende Besorgnis Europas über Chinas wachsende Wirtschaft sei der Wissensmangel über China und Asien in Europa. "Es gibt nur wenige Studien zur Wirtschaft in Asien und über die asiatischen Gesellschaften in Europa und nur sehr wenige Programme an den Universitäten. Zur Zeit ist China ein bequemer Sündenbock für die Globalisierungskräfte, die von Unternehmen außerhalb Chinas angetrieben werden. Dieser Eindruck wird von populistischen Politikern in Europa und den USA verstärkt, die nicht öffentlich zugeben wollen, dass sie persönlich von dieser internationalen Arbeitsteilung profitieren."

Die einwöchige Medienreise wurde von der chinesischen Gesandtschaft bei der europäischen Kommission organisiert und soll chinesischen Journalisten einen Einblick in die Institutionen der EU unter besonderer Berücksichtigung der Beziehungen zwischen der EU und China geben.


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